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Wanderparadies Wies

Wanderparadies Wies: Wo Kürbisse leuchten und Geschichte wandert

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Teil 1: Die goldenen Pfade des Kürbislandes

Der Kürwiesweg – Eine Reise ins Herz des steirischen Goldes

An einem klaren Herbstmorgen stehe ich auf dem Marktplatz von Wies, umgeben von den sanften Hügeln der Südsteiermark. Die Luft ist erfüllt vom Duft frisch gepressten Kürbiskernöls, das hier nicht nur Nahrungsmittel, sondern kulturelles Erbe ist. Der Kürwiesweg, eine sieben Kilometer lange Rundwanderung, verspricht Einblicke in die Seele dieser Region, wo der Kürbis König ist und die Landschaft in goldenes Licht taucht.

„Unser Kürbisweg ist mehr als nur eine Wanderroute“, erklärt mir Franz Kernbichler, ein lokaler Wanderführer, den alle nur liebevoll „Kernöl-Franz“ nennen. „Er ist eine Zeitreise durch Jahrhunderte steirischer Tradition und ein Fest für alle Sinne.“

Vom Marktplatz aus führt der Weg zunächst Richtung Unterer Markt. Die historischen Gebäude mit ihren pastellfarbenen Fassaden erzählen von vergangenen Zeiten, als Wies ein wichtiger Handelsplatz war. Schon im 17. Jahrhundert wurde hier reger Handel betrieben, und die Marktrechte, die Wies 1543 erhielt, brachten Wohlstand in die Region.

Der Pfad führt weiter zur Seltenriegelquelle, deren kristallklares Wasser seit Jahrhunderten die Bewohner versorgt. Entlang des Weges informieren liebevoll gestaltete Schautafeln über die Herkunft, gesundheitliche Bedeutung und kulinarische Verwendung verschiedener Kürbissorten. Der Ölkürbis, wissenschaftlich Cucurbita pepo var. styriaca genannt, kam erst im 18. Jahrhundert in die Steiermark und hat sich seitdem zum Wahrzeichen der Region entwickelt.

„Wissen Sie“, erzählt Franz, während wir zwischen Weingärten hindurchwandern, „der Kürbis war anfangs nur Viehfutter. Erst als man entdeckte, dass aus den schalenlosen Kernen ein köstliches Öl gepresst werden kann, begann sein Siegeszug.“ Die Herbstsonne lässt die orangefarbenen Kürbisse auf den Feldern leuchten wie kleine Sonnen, die sich auf der Erde niedergelassen haben.

Unser Weg führt uns zum Gasthaus Ziegler, besser bekannt als „Wirtprimus“. Von der Terrasse aus bietet sich ein atemberaubender Rundblick über das Koralmgebiet. Die sanften Hügel, bedeckt mit Weinreben, Obstbäumen und Kürbisfeldern, erstrecken sich bis zum Horizont, wo die Koralpe majestätisch in den Himmel ragt.

„Früher“, erklärt Franz, „war jeder Hof hier selbstversorgend. Man hatte ein paar Weinstöcke, etwas Obst, Kürbisse und vielleicht ein paar Tiere. Die Bauern brachten ihre Kürbiskerne zur gemeinschaftlichen Ölmühle, und jeder bekam sein eigenes Öl zurück.“ Diese Tradition der Gemeinschaft spürt man noch heute in Wies, wo Nachbarschaftshilfe und gemeinsame Feste zum Alltag gehören.

Ein besonderes Highlight ist der Abstecher zum Anwesen Rothschädl, vulgo Hora in Gaißeregg. Hier kann man im Herbst beobachten, wie die Öl-Kürbiskerne gewaschen, getrocknet und gereinigt werden – ein faszinierendes Handwerk, das seit Generationen weitergegeben wird. Der Geruch der trocknenden Kerne erfüllt die Luft mit einem nussigen Aroma, das charakteristisch für die Erntezeit ist.

„Die Kunst des Kürbiskernölpressens ist ein Handwerk, das viel Erfahrung erfordert“, erklärt mir Herr Rothschädl, während er eine Handvoll frisch getrockneter Kerne präsentiert. „Die Kerne müssen genau den richtigen Trocknungsgrad haben, bevor sie gemahlen und geröstet werden. Beim Rösten entscheidet oft das Gehör des Meisters, wann der richtige Moment gekommen ist – ein zu lautes Knacken bedeutet, dass die Kerne zu heiß werden.“

Von Gaißeregg aus wandern wir weiter zur Landesversuchsstation für Spezialkulturen – ein wahres Paradies für Pflanzenliebhaber. Hier erwarten den Besucher die „duftenden Sinnlichkeiten“ eines Gartens mit 160 Kleinparzellen. Jede Parzelle beherbergt andere Pflanzen, von Heilkräutern über Gewürze bis hin zu seltenen Gemüsesorten. Ein begehbares Kürbisschaufeld (von Juli bis Oktober zugänglich) präsentiert die erstaunliche Vielfalt der Kürbisarten – von winzigen Zierkürbissen bis hin zu gigantischen Exemplaren, die über 100 Kilogramm wiegen können.

Dr. Maria Leitner, Leiterin der Versuchsstation, erklärt mir die Bedeutung dieser Einrichtung: „Hier erforschen wir nicht nur traditionelle Anbaumethoden, sondern entwickeln auch neue Sorten, die besser an den Klimawandel angepasst sind. Der Kürbis ist erstaunlich anpassungsfähig und könnte in Zukunft noch wichtiger werden, da er auch mit weniger Wasser auskommt als viele andere Kulturpflanzen.“

Weiter geht es zu einem besonderen Kunstobjekt – den Metallfahnenstangen, die eine „Blumenwiese“ darstellen. Diese moderne Installation bildet einen interessanten Kontrast zur traditionellen Landschaft und erinnert daran, dass Wies nicht nur in der Vergangenheit lebt, sondern sich stetig weiterentwickelt.

Ein lohnenswerter Abstecher führt zum Renaissance-Schloss Burgstall mit seinem reizvollen Innenhof. Das Schloss, erbaut im 16. Jahrhundert, war einst Sitz der lokalen Adelsfamilie und diente später als Verwaltungszentrum. Heute beherbergt es kulturelle Veranstaltungen und ist ein beliebter Ort für Hochzeiten. Die dicken Mauern erzählen Geschichten von vergangenen Zeiten, als die Türkengefahr die Region bedrohte und das Schloss als Schutzburg diente.

Der letzte Abschnitt unserer Wanderung führt entlang des ehemaligen „Kirchengangwegs“ zurück in den Ort. Dieser historische Pfad wurde jahrhundertelang von Gläubigen genutzt, die zur Wallfahrtskirche „Zum Gegeißelten Heiland auf der Wies“ pilgerten. Zwischen Obsthainen und Weingärten wandernd, genießen wir einen wunderschönen Blick auf die Kirche, deren barocker Turm majestätisch über dem Ort thront.

Die Wallfahrtskirche selbst ist ein architektonisches Juwel mit einer bewegten Geschichte. Ursprünglich im 14. Jahrhundert erbaut, wurde sie im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgestaltet und erweitert. Besonders beeindruckend ist der barocke Hochaltar, der den gegeißelten Christus darstellt – ein Kunstwerk, das jährlich tausende Pilger anzieht.

Der Bergbau-Museums-Weg – Auf den Spuren der Bergleute

alte karte Steyeregg 1910 wies

Nach einer erholsamen Nacht in einer der gemütlichen Pensionen von Wies breche ich am nächsten Morgen zum Bergbau-Museums-Weg auf. Diese Route führt durch ein weniger bekanntes, aber nicht minder faszinierendes Kapitel der lokalen Geschichte – den Bergbau, der über Jahrhunderte das Leben in der Region prägte.

Der Ausgangspunkt ist der Bahnhof Wies-Eibiswald, ein historisches Gebäude aus der k.u.k.-Zeit, als die Eisenbahn neue Verbindungen schuf und den Handel belebte. Von hier aus wandere ich entlang der B76 in Richtung Steyeregg-Schwanberg. Nach etwa 300 Metern quere ich die Straße in Richtung Etzendorf und biege beim Aldrianplatz nach der Mauer sofort rechts in den Koglerweg ein.

Der Weg führt parallel zur B76 entlang des Waldes. Rechterhand passiere ich einen Hundeabrichteplatz, ein Gehege mit prächtigem Federvieh und eine liebevoll gestaltete Teichanlage – kleine Oasen der Ruhe abseits der Hauptstraße. Am linken Waldrand steht die Barbarakapelle, ein schlichter, aber eindrucksvoller Bau zu Ehren der Schutzpatronin der Bergleute.

„Die heilige Barbara ist für die Bergleute mehr als nur eine Heilige“, erklärt mir Herbert Krammer, ein ehemaliger Bergmann, der heute Führungen im Bergbau-Museum leitet. „Sie war ihre Beschützerin in der Dunkelheit unter Tage, ihr Licht in der Not. Kein Bergmann würde ohne ein kurzes Gebet an Barbara in den Stollen einfahren.“

Nach Überquerung der B76 wandere ich auf dem Fuß- und Radweg bis zum Gasthof Toplerhof. Der Weg führt weiter über die Kolonie zu Ida’s Stüberl – einem gemütlichen Lokal, das für seine hausgemachten Mehlspeisen bekannt ist. Von dort erreiche ich das Herzstück dieser Route: das Bergbau-Museum, das Kulturhaus und die Kapelle in Steyeregg.

Das Bergbau-Museum ist in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Bergwerks untergebracht und dokumentiert eindrucksvoll die harte Arbeit der Bergleute. Ausstellungsstücke wie Grubenlampen, Werkzeuge und Förderwagen erzählen von den Mühen des Kohleabbaus, der hier bis in die 1960er Jahre betrieben wurde. Besonders beeindruckend ist ein nachgebauter Stollen, der einen Eindruck von den beengten und gefährlichen Arbeitsbedingungen unter Tage vermittelt.

„Die Kohle aus Steyeregg war von besonders hoher Qualität“, erzählt Herbert stolz. „Sie hatte einen hohen Brennwert und wenig Schwefel. In der Blütezeit des Bergbaus arbeiteten hier über 300 Männer, und das Bergwerk war der wirtschaftliche Motor der ganzen Region.“

Nach dem Museumsbesuch quere ich die B76 gegenüber der Feuerwehr am Zebrastreifen und wandere am Grubenhunt vorbei – einem Förderwagen, der als Denkmal an die Bergbauzeit erinnert. Der Weg führt auf die Fastlhöhenstraße bis zur Kreuzbergstraßenkreuzung, wo ich mich rechts in Richtung Wies halte. Nach etwa 300 Metern erreiche ich den Buschenschank und Hofladen Michelitsch – eine willkommene Gelegenheit für eine Stärkung mit regionalen Spezialitäten.

Der weitere Weg führt entlang des Kamms mit einem atemberaubenden Panorama: Westlich erstreckt sich die majestätische Koralm-Region, während an der östlichen Seite das malerische Sulmtal zu sehen ist. Die sanften Hügel, bedeckt mit Weinreben und Obstbäumen, bilden eine idyllische Kulisse für die Wanderung.

Nach einer gemütlichen Etappe komme ich beim Gasthaus Wirtprimus Ziegler vorbei – demselben Lokal, das auch am Kürwiesweg liegt. Von hier aus erreiche ich über Schloss Burgstall wieder den Ausgangspunkt in Wies. Die acht Kilometer lange Route mit ihren moderaten Steigungen ist in etwa zwei Stunden zu bewältigen und eignet sich hervorragend für Familien mit Kindern.

Teil 2: Literarische Pfade und kulturelle Schätze

Der Hans Kloepfer Weg – Auf den Spuren des Heimatdichters

Der dritte Tag meiner Erkundungstour durch die Region Wies-Eibiswald ist dem Hans Kloepfer Weg gewidmet – einer Route, die nicht nur landschaftliche Schönheit, sondern auch literarisches Erbe bietet. Hans Kloepfer (1867-1944) zählt zu den bedeutendsten Dichtern der Steiermark und hat in seinen Mundartgedichten die Landschaft und das Leben der Menschen in dieser Region verewigt.

Der Weg folgt den Spuren zweier Kloepfergedichte: „Dahoam“ bis Laaken und „Da Ruß“ bis in die Wiel. In „Dahoam“ schildert Kloepfer die Heimkehr eines Laakener Bauern vom Grazer Fetzenmarkt – eine poetische Reise durch die steirische Landschaft, die auch heute noch nachvollziehbar ist.

Ausgangspunkt ist wieder der Bahnhof Wies-Eibiswald. Von hier aus führt der Weg vorbei am alten Kircherl St. Veit nach Eibiswald. St. Veit in Altenmarkt, urkundlich seit 1324 gesichert, war bis 1798 Pfarrkirche. Heute ist nur mehr der gotische Chor erhalten, der vollständig mit beeindruckenden Fresken ausgemalt ist – ein stilles Zeugnis mittelalterlicher Frömmigkeit und Kunstfertigkeit.

In Eibiswald lohnt ein Besuch des Kloepfermuseums, das im Geburtshaus des Dichters eingerichtet ist. Hier erfährt man alles über das Leben und Werk des Arztes und Poeten, der die Seele der Steiermark in Worte fasste. Die Pfarrkirche „Maria in Dorn“ zu Eibiswald, auf romanischen und gotischen Grundmauern 1678 erbaut, ist ein weiteres kulturelles Highlight. Am 15. August findet hier die traditionelle Kräutersegnung statt, und am 27. Dezember werden die Weine des neuen Jahrgangs gesegnet – Bräuche, die die tiefe Verbundenheit der Menschen mit der Natur und ihren Gaben zeigen.

Eibiswald selbst, von Weingärten und Buschenschänken umgeben, ist der Endpunkt des NORD-SÜD Weitwanderwegs 05 und der Beginn des steirischen Mariazellerwegs 06 – ein wichtiger Knotenpunkt für Weitwanderer aus ganz Österreich.

Vorbei an der Kreuzkirche, die in ihren Anfängen bis in die Zeit der Kreuzzüge zurückreicht und seit 1796 ihre heutige verkleinerte Form hat, führt der Weg durch das „Stille Tal“ nach Aichberg. Dort sorgt der Buschenschank Garber mit seinem Aussichtsturm für eine angenehme Rast und grandiose Rundblicke über die hügelige Landschaft.

„Kloepfer hat diese Landschaft nicht nur beschrieben, er hat sie gefühlt“, erklärt mir Maria Ebner, eine lokale Kulturvermittlerin, die Führungen auf dem Kloepferweg anbietet. „In seinen Gedichten spürt man die tiefe Verbundenheit mit der Heimat, die Liebe zu den Menschen und ihren Bräuchen. Er war Arzt und kannte die Sorgen und Nöte der einfachen Leute – das macht seine Dichtung so authentisch und zeitlos.“

Der Weg führt weiter vorbei an der Höchwirthkapelle und der Aussichtsplattform Buchenberg nach St. Oswald. Die Pfarrkirche St. Oswald, urkundlich 1373 erwähnt und 1728 in ihrer heutigen Form erbaut, ist ein weiteres Zeugnis der reichen Kirchengeschichte der Region. Hier steht der Wanderer vor einer Entscheidung: Dem Weg des „gefangenen Ruß“ in die Wiel folgen oder den Weg über den „Schneiderlipperlgraben“ in die Soboth fortsetzen.

Ich entscheide mich für die Route nach Wiel, wo die Pfarrkirche St. Katharina steht – eine gotische Kirche, die bereits 1545 als Eibiswalder Filialkirche erwähnt wurde. Der Turm wurde 1572 hinzugefügt und prägt bis heute die Silhouette des kleinen Ortes.

Zurück in St. Oswald empfiehlt sich eine Stärkung im Grafstüberl oder beim Gasthof Schindler, bevor man den anspruchsvolleren Teil des Weges in Angriff nimmt. Die Soboth mit ihrer Pfarrkirche St. Jakob (urkundlich seit 1545 bekannt, nach einem Brand 1704 neu erbaut) bietet ausgezeichnete Gastronomie und weite Ausblicke ins Drautal – ein lohnendes Ziel für Wanderer mit Ausdauer.

Über den „Maria-Erscheinungsweg“ mit der Lourdesgrotte an der Feistritz steigt der Weg über steilen Hochwald zur Waldhanslkeusche hinauf. Von hier geht es über schattige Wald- und Forstwege in einer guten Stunde zum Laakener Gasthaus Strutz, wo bei Forelle und gutem Wein alle Mühen vergessen werden.

Der gesamte Hans Kloepfer Weg ist mit seinen 34 Kilometern (17 km ab Wies bis zum Gasthof Schindler und weitere 17 km bis zum Gasthaus Strutz) eine anspruchsvolle Mehrtageswanderung, die tiefe Einblicke in die kulturelle und landschaftliche Vielfalt der Region bietet. Bei Schnee in den Hochlagen und Hochwasser am Krumbach ist der Weg allerdings nicht begehbar – ein Hinweis auf die Naturgewalten, die das Leben in dieser Region seit jeher prägen.

Weitere Wanderwege: Vielfalt für jeden Geschmack

Die Region rund um Wies bietet noch zahlreiche weitere Wanderwege, die verschiedene Aspekte der lokalen Kultur und Natur beleuchten. Der Emmaus Winzerweg beispielsweise startet an der Pfarr- und Wallfahrtskirche zum „Gegeißelten Heiland auf der Wies“ und führt durch die Weinberge der Region – ein Genuss für alle, die Wein und Wandern verbinden möchten.

Die „Erlebnis Schilcher Weinwelt Jöbstl“ lädt dazu ein, spielerisch an sechs Erlebnisstationen den eigenen Schilchertyp zu entdecken. Der Schilcher, ein charakteristischer Roséwein aus der blauen Wildbachertraube, ist neben dem Kürbiskernöl das zweite „flüssige Gold“ der Region und hat eine jahrhundertealte Tradition.

Der Glashüttenweg erinnert an die industrielle Vergangenheit von Wies. Ausgehend vom Marktplatz führt er zur alten Glasfabrik, wo Schautafeln die Geschichte der Glasherstellung in der Region dokumentieren – ein faszinierendes Kapitel lokaler Wirtschaftsgeschichte.

Der Kapellenweg folgt dem Lauf der Sulm flussaufwärts und verbindet verschiedene Kapellen und religiöse Stätten – ein spiritueller Pfad durch eine gesegnete Landschaft. Der Sulmweg selbst bietet eine naturnahe Wanderung entlang des Flusses, der die Region prägt und ihr den Namen gab.

Der Weingartenweg beginnt am Marktplatz Wies und führt durch die Weinberge am Fuße von Schloss Burgstall – ein Genuss für alle Sinne, besonders im Herbst, wenn die Trauben reif sind und die Blätter der Reben in allen Farben leuchten.

Besonders interessant ist auch der Zwei-Elemente-Weg, der im Ortszentrum von Wielfresen beginnt. Hier haben Wanderer die Möglichkeit, die Gesteinswelt von Wielfresen zu besichtigen – ein geologisches Abenteuer, das die Entstehungsgeschichte der Landschaft erlebbar macht.

Die Almhütte Wirtbartl – Einfachheit als Luxus

Ein besonderes Highlight für Naturliebhaber ist die Almhütte Wirtbartl. Unter dem Motto „Einfach leben – einfach zufrieden sein mit dem, was da ist – einfach schön!!“ bietet sie ein authentisches Almerlebnis abseits des Trubels. Hier kann man die Seele baumeln lassen, den Alltag vergessen und die ursprüngliche Natur genießen – ein Luxus, der in unserer hektischen Zeit immer wertvoller wird.

Teil 3: Kulturelles Erbe und lebendige Traditionen

Die Wallfahrtskirche „Zum Gegeißelten Heiland auf der Wies“

Ein kultureller und spiritueller Mittelpunkt der Region ist die Wallfahrtskirche „Zum Gegeißelten Heiland auf der Wies“. Die Kirche, deren Geschichte bis ins Mittelalter zurückreicht, ist nicht nur architektonisch beeindruckend, sondern auch ein lebendiges Zentrum religiöser Traditionen.

Die Legende erzählt, dass im Jahr 1467 während einer Prozession Blutstropfen an einer Christusfigur beobachtet wurden – ein Wunder, das den Grundstein für die Wallfahrtstradition legte. Die heutige Kirche, im Barockstil erbaut, beherbergt eine eindrucksvolle Darstellung des gegeißelten Christus am Hochaltar – ein Kunstwerk, das Gläubige aus nah und fern anzieht.

Besonders während der Karwoche und zu Fronleichnam finden hier traditionelle Prozessionen statt, bei denen alte Bräuche lebendig werden. Die „Heilig-Grab-Wache“ in der Karwoche, bei der Männer in historischen Uniformen am Heiligen Grab Wache halten, ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Verbindung von Glaube und Tradition.

Schloss Burgstall – Renaissance-Juwel mit bewegter Geschichte

Das Renaissance-Schloss Burgstall, das wir bereits auf unseren Wanderungen passiert haben, verdient eine nähere Betrachtung. Erbaut im 16. Jahrhundert als Wehranlage gegen die Türkengefahr, entwickelte es sich später zu einem repräsentativen Adelssitz. Der reizvolle Innenhof mit seinen Arkadengängen zeugt vom Kunstsinn der damaligen Besitzer.

Im Laufe der Jahrhunderte wechselte das Schloss mehrfach den Besitzer und diente verschiedenen Zwecken – von der Verwaltungszentrale bis zum Getreidespeicher. Heute ist es in Privatbesitz, wird aber für kulturelle Veranstaltungen genutzt und kann bei Führungen besichtigt werden. Die dicken Mauern und verwinkelten Gänge erzählen Geschichten von Rittern und Edelfrauen, von Kriegen und Friedenszeiten – ein lebendiges Geschichtsbuch in Stein.

Kulinarische Traditionen – Mehr als nur Kürbiskernöl

Die Region rund um Wies ist nicht nur für ihr Kürbiskernöl bekannt, sondern für eine Vielzahl kulinarischer Spezialitäten, die eng mit der Landschaft und den Jahreszeiten verbunden sind. Der bereits erwähnte Schilcher-Wein ist ein charakteristischer Roséwein, der ausschließlich in der Weststeiermark aus der blauen Wildbachertraube gekeltert wird. Sein fruchtig-säuerlicher Geschmack macht ihn zu einem idealen Begleiter für deftige steirische Jausen.

In den zahlreichen Buschenschänken der Region kann man neben Wein auch hausgemachte Spezialitäten genießen: Selchfleisch (geräuchertes Fleisch), Verhackertes (eine würzige Streichwurst), Käse vom Bauernhof und natürlich das berühmte Kernöl, das über Eierspeisen, Salate oder einfach auf frisches Brot geträufelt wird.

Im Herbst, wenn die Kürbisse reif sind, gibt es überall Kürbissuppe in verschiedenen Variationen – von klassisch mit Sahne bis hin zu exotischen Versionen mit Ingwer oder Curry. Auch Kürbisgemüse, Kürbisrisotto und sogar Kürbisdesserts stehen dann auf den Speisekarten.

Die Obstgärten der Region liefern Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Kirschen, die zu Säften, Schnäpsen und Marmeladen verarbeitet werden. Besonders der „Most“, ein vergorener Apfel- oder Birnensaft, ist ein traditionelles Getränk, das bei keinem Bauernfest fehlen darf.

Lebendiges Brauchtum – Feste im Jahreslauf

Das Leben in und um Wies ist geprägt von einem reichen Brauchtum, das den Jahreslauf strukturiert und Gemeinschaft stiftet. Im Frühjahr beginnt die Saison mit dem „Maibaumaufstellen“ – ein Brauch, bei dem in jedem Dorf ein geschmückter Baum aufgestellt wird, der Fruchtbarkeit und neues Leben symbolisiert. Oft wird der Maibaum von Nachbargemeinden „gestohlen“ – ein freundschaftlicher Wettstreit, der mit einem gemeinsamen Fest endet.

Der Sommer steht im Zeichen der Sonnwendfeiern und Erntedankfeste. Besonders das „Kürbisfest“ im September ist ein Höhepunkt des Jahres, bei dem alles rund um den Kürbis gefeiert wird – von Kürbisschnitzwettbewerben bis hin zur Wahl der Kürbiskönigin.

Der Herbst ist die Zeit der Weinfeste und Mostverkostungen. Der „Steirische Herbst“ ist nicht nur ein Kulturfestival, sondern auch eine Zeit, in der die Ernte eingebracht und bei gemeinsamen Festen gefeiert wird. Die „Stubenmusik“ – traditionelle Volksmusik, gespielt auf Zither, Hackbrett und Gitarre – begleitet diese Zusammenkünfte und schafft eine gemütliche Atmosphäre.

Im Winter schließlich ziehen die „Perchten“ durch die Dörfer – dämonische Gestalten mit Holzmasken und Fellkostümen, die den Winter vertreiben sollen. Der „Krampuslauf“ am 5. Dezember ist besonders für Kinder ein aufregendes Ereignis, wenn der pelzige Geselle als Begleiter des Nikolaus die „bösen“ Kinder erschreckt.

Diese Bräuche, oft Jahrhunderte alt, werden nicht als museale Folklore gepflegt, sondern als lebendiger Teil des Alltags. Sie stiften Identität und verbinden die Generationen – ein kulturelles Erbe, das in der globalisierten Welt besonders wertvoll ist.

Fazit: Wies – Ein Wanderparadies mit Seele

Die Wanderwege rund um Wies erschließen nicht nur eine landschaftlich reizvolle Region, sondern auch ein reiches kulturelles Erbe. Ob auf dem Kürwiesweg durch goldene Kürbisfelder, auf dem Bergbau-Museums-Weg durch die industrielle Vergangenheit oder auf dem Hans Kloepfer Weg durch literarische Landschaften – überall begegnet man der Seele dieser Region, die in der Verbindung von Natur und Kultur, Tradition und Moderne liegt.

Die Menschen von Wies haben es verstanden, ihr Erbe zu bewahren und gleichzeitig für die Zukunft zu öffnen. Sie leben mit und von der Natur, respektieren ihre Rhythmen und feiern ihre Gaben. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und regionale Identität wieder an Bedeutung gewinnen, kann Wies als Vorbild dienen – ein Ort, an dem Wandern mehr ist als Fortbewegung, nämlich eine Reise zu den Wurzeln und gleichzeitig in die Zukunft.

Wer die Wanderschuhe schnürt und sich auf die Pfade rund um Wies begibt, wird nicht nur körperlich, sondern auch geistig und seelisch bereichert zurückkehren – mit dem Geschmack von Kürbiskernöl und Schilcher auf der Zunge, mit Bildern von goldenen Feldern und grünen Hügeln im Kopf und mit der Erinnerung an herzliche Begegnungen im Herzen. Wies wandert – und wer mitwandert, wird Teil einer jahrhundertealten Tradition des Unterwegsseins in einer Landschaft, die ihre Geschichten preisgibt, wenn man sie mit offenen Sinnen durchwandert.

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